Deutsche Musiker mit Tango im Blut

Jugendkapelle und Stadtkapelle erfreuen mit hohem Niveau am zweiten Adventsabend

ANsgar Sailer im Einsatz beim Jahreskonzert in der Stadtparkhalle Bretten (Foto: ro)

Musikverein, Stadtkapelle: Da rümpfen heute nur noch Kunstbanausen das hoch getragene Näschen, die keine Ahnung haben, auf welchem Niveau sich diese Botschafter der Musik inzwischen befinden. Wer es besser weiß, der besucht den Musikverein, die Stadtkapelle Bretten. Zum Beispiel am zweiten Adventssonntag in der Brettener Stadtparkhalle, wo Vorsitzender Thomas Zürner in den Abendstunden  vor „vollem Haus“ den „finalen Höhepunkt des Vereinsjahrs“ ankündigt. Das ist er nicht nur für die erwachsenen Aktiven der Stadtkapelle und für die mindestens ebenso ehrgeizige Jugendkapelle, sondern auch für die erwartungsvollen Zuhörer.

 

Das wird schon nach wenigen Takten klar. Die Jugendkapelle darf den Boden bereiten, führt taktvoll die Stufen empor zu einem erfreulichen Hörgenuss. Dirigent Andreas Frank ist erfreut, unter den Zuhörern auch Nachwuchsmusiker, etwa aus den vom Verein an Schulen betreuten Bläserklassen, zu entdecken. Für die jungen Musiker ein weiterer Grund, zu zeigen, was werden kann, wenn man am Ball, besser: am Instrument, bleibt.

 

Und sei man noch so klein: So ist der junge Lorenz Peschel hinter den Percussion-Instrumenten im hinteren Bereich kaum auszumachen, aber sehr wohl zu hören, denn den Dirigenten, den sieht er gut genug und die Noten auch. Richtig feurig geht es – auch mit seiner Hilfe – gleich zur Sache mit „Aztec Fire“ von Jay Bocook, die energiegeladene Komposition lässt gut die Macht dieses Stammes im 18. Jahrhundert erahnen. Gut festhalten, zumindest akustisch, ist an diesem Abend angesagt: Als nächstes geht es nach St. Moritz, wo eine idyllische Landschaft mit „Yellow Mountains“ von Jacob de Haan noch einmal Luft holt, bevor die Touristen strömen. In den Zeichentrickfilm mit der Eiskönigin fühlen sich die Zuhörer dann mit „Music from Frozen“ (arrangiert von Johnnie Vinson) entführt, bevor sie mit „Rites of Tamburo“ von Robert W. Smith wieder wachgerüttelt werden.

 

Nach einer kleinen Zugabe hat sich die große Jugendkapelle den herzlichen Applaus mehr als verdient; Andreas Frank kann zufrieden sein. Er selbst nimmt nach einer Umbaupause bei der Stadtkapelle mit seiner Klarinette Platz und überlässt den Dirigentenstab Ansgar Sailer, der seine Musiker zu Höchstleistungen anspornt. Da stimmt jeder an Big Ben erinnernde Glockenschlag, mit dem die Reise durch die „Global Variations“ von Nigel Hess erst beginnt. „Hätte er Deutschland portraitiert, wäre er bestimmt nach Bretten gekommen. Und hätte vielleicht auch das Badner Lied eingebaut“, da ist sich Bernd Neuschl ganz sicher, der gewohnt humorvoll durch den musikalischen Part der Stadtkapelle führt, die nur einmal kurz von Ehrungen unterbrochen wird. „Hört sich leicht an, ist aber schwer zu spielen“, sagt Moderator Neuschl nach „The Legend Of Maracaibo“ – die Bemerkung hat gerade für die  Nichtmusizierenden im Publikum ihre Berechtigung. Aber auch für die ist klar: Beim Musikverein/Stadtkapelle Bretten wird über den eigenen musikalischen Tellerrand – sogar den  badischen – hinaus geschaut. Dass sogar deutsche Musiker den Tango im Blut haben können, beweist die Stadtkapelle mit „Lopez Odero“ von Ferrer Feran.

 

Nach einer weiteren temperamentvollen Kuba-Mexiko-Mischung, „Danzon No. 2“ von Arturo Márquez (arrangiert von Oliver Nickel), darf es sogar noch etwas Weihnachtliches sein, „A Christmas Carol Fantasy“ (arrangiert von Fakashi Hoshide). Sonst würde man sich ja wie im Sommerurlaub fühlen.

Mit freundlicher Genehmigung der BNN

Susanne Roth

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